Fußball im Zeichen des Antifaschismus

Nicht nur mit ihrem Namen weisen sich die Ultras des AS Trencin als Ska-Fans aus. Bob Marley lieferte auch die Begleitmusik zu ihrem antifaschistischen Fußballturnier im Juni. Mit ihrer Einstellung stehen die Trenchtown Gangsters in der slowakischen Fanszene weitgehend alleine da.

Die wärmenden Strahlen der Morgensonne sind noch nicht in die Mittagshitze übergegangen, als der Anpfiff zum Auftaktmatch des UAFA-Cup, einem antifaschistischen Fußballturnier im Stadion des slowakischen AS Trencin, ertönt. Die zahlreichen bereits erschienenen Personen und das „Krügerl“ zum – für uns Österreicher – sympathischen Preis von einem Euro, ließen, selbst nach einer kurzen Nacht rasch beste Fußballstimmung aufkommen. Gespielt wird auf dem modernen Kunstrasenplatz der in vier Kleinfelder unterteilt ist, während diverse Informationsstände und Festivalzelte rund um den Platz errichtet wurden um das Programm abzurunden. Auch die Trenchtown Gangsters, die örtlichen Ultras, stellten ein eigenes Team im Turnier. Marek*,  der eigentlich anders heißt und einer der Organisatoren des seit 2013 stattfindenden UAFA-Cups sowie Initiator der antifaschistischen Fanplattform „Tribuny Su Nase“ ist, erklärte uns die Motivation der Veranstalter/innen folgendermaßen: „Unser Netzwerk hat sich 2009 aus einer Gruppe radikaler Antifaschisten aus der ganzen Slowakei gegründet. Unser Ziel ist es Veranstaltungen rund um Fußball, Gesellschaft und Antifaschismus zu organisieren. Wir versuchen immer vernetzter und größer zu werden, darum sind wir auch beim UAFA-Cup aktiv dabei.“ Unter den Klängen von Bob Marley und den Ramones geht das Turnier mit über 20 Mannschaften aus vier Ländern langsam zu Ende und die Sieger stehen fest. Wer hier gewinnt. steht jedoch höchstens im Hintergrund des Geschehen; die Matches kommen alle ohne Schiedsrichter aus. Vorträge, beispielsweise über antifaschistische Fankultur in Warschau und ein ausgiebiges Bandprogramm runden den weiteren Verlauf der Veranstaltung ab. Was nach einem normalen Kleinstadtfestival klingt, ist in diesem Fall jedoch alles andere als alltäglich anzusehen. Antifaschistische Events, wie jenes in der ehemaligen Römersiedlung Trencin, stehen im radikalen Gegensatz zu der sonst vorherrschenden Fankultur im Land.

Sorgen für gute Stimmung auf der Tribüne – die Trenchtown Gangsters

Fußballfans und die Slowakei. Eigentlich zwei Schlagwörter die sowohl in den Medien, als auch von vielen Fußballinteressierten mit Gewalt und Rechtsradikalismus gleichgestellt werden. Fangruppen wie jene von Slovan Bratislava, die auch schon gemeinsam mit den „Unsterblichen“, den rechtsextremen Fans von Austria Wien, Reichskriegsfahnen geschwungen haben, füttern diesen Ruf bei jeder Gelegenheit und dominieren so meist die Berichterstattung über slowakische Fußballanhänger. Marek konnte uns diese vorherrschenden Muster bestätigen. „Das Ziel von „Tribuny Su Nase“ oder dem UAFA-Cup ist es, das vereinigende Potential von Fußball zu nutzen um den großteils rechtsradikalen Fans nicht alleine das Feld zu überlassen.“

Eine “Oi-Bar” darf nicht fehlen am UAFA-Cup

Wie so oft bestätigt die Ausnahme die Regel, wobei die Ultragruppe Trenchtown Gangsters vom AS Trencin, die seit 2005 existiert, hervorzuheben ist. Damals fand sich eine Gruppe junger Punks und Skins, die sich gegen den zunehmende Rechtshang innerhalb der Fans des FK Ozeta Dukla Trencin auflehnten, zusammen und begannen den gerade frisch umbenannten AS Trencin zu unterstützen. Fortan dominierten antifaschistische Parolen, Pyrotechnik, Fahnen und Banner das Bild im Na Sihoti Stadion. Schnell entwickelten sie sich zu einer der aktivsten Ultragruppierungen im ganzen Land und das obwohl sie sich mit ihrer Ausrichtung zur Zielscheibe der meisten anderen organisierten Fangruppen in der Slowakei gemacht hatten. „Natürlich hasst uns die restliche Szene in der Slowakei, wir sind die einzigen antifaschistischen Fans in unserer Liga.“ erzählte Darius*, der Capo der Trenchtown Gangsters. Auf den Fotos, die auf den sozialen Kanälen der TG oder des Vereins veröffentlicht werden, sind die Gesichter der TGs meist geschwärzt, da die Mitglieder Attacken auf einzelne Personen ihrer Gruppierung befürchten müssen. Die TGs betonen stets, dass sie sich nicht als Hooligans sehen, sondern als Ultras, die im Stadion für Stimmung sorgen wollen und nicht aktiv nach Gewalt suchen.

Am Feld schwitzen die Teams

Mitglied in der Kurve kann im Prinzip jede Person werden, sofern sie keine rassistischen oder faschistischen Tendenzen aufweist. Auch innerhalb ihrer Anhängerschaft findet sich ein Querschnitt der Bevölkerung, der sich durch alle Altersgruppen und Arbeitsverhältnisse zieht, von ArbeiterInnen bis zu Studierenden und Angestellten.

Die Kooperation mit gleichgesinnten Fankurven finden die TG über Plattformen wie „Rebel Ultras“, einem Dachverband für antifaschistische Ultragruppen auf der ganzen Welt, wie der Capo erzählte. „Bei Organisationen wie Rebel Ultras oder dem Alerta Network tauschen antifaschistische Fans Ideen, Informationen und Kontakte untereinander aus. Wir sind dankbar Teil von diesen Netzwerken zu sein. Zusammenhalt heißt ja bekanntlich Stärke!“ Die älteste Fanfreundschaft existiert mit den Barflies United von den Bohemians Prag. Es gibt aber auch Kontakte zu den Fans des First Vienna FC sowie den Fans kleinerer Vereine in Kroatien, Polen oder Deutschland.

Laut sein gegen Faschismus!

Ein viel diskutiertes und oft behandeltes Thema unter den TG ist der Umgang mit Polizei und Securities im Stadion. Wie bei den meisten Ultragruppen ist das Verhältnis zu diesen von Problemen geprägt, vor allem aufgrund der politischen Einstellung der Sicherheitsorgane. „Wir hatten in der Vergangenheit oft Probleme mit den vielen Neonazis unter den Securities, die unseren Sektor bewachen sollten. Eigentlich haben wir einen Deal mit dem Verein, dass nur mehr Stewards anstatt privaten Sicherheitsdiensten in unserem Sektor stehen. Leider wird diese Vereinbarung immer wieder gebrochen.“ Die Folge sind Ausschreitungen und das Eingreifen der Polizei. Zwischenfälle, die für die TG meist mit Geldstrafen, Stadionverboten oder Ähnlichem enden. Ständige Videoüberwachung und das Risiko nach Matches in ungewollte Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans auf der Straße zu kommen, sind wöchentliche Herausforderungen für deklarierte Trenchtown Gangsters. Ansonsten würde Darius das Verhältnis zum Verein als ein soweit funktionierendes darstellen. „Wir bekommen für unseren jährlich stattfindenden UAFA-Cup das Stadion kostenlos zu Verfügung gestellt, das ist gut. Ansonsten sind wir aber finanziell unabhängig.“ Zusätzlich haben die Ultras einen Raum in den Vereinsgebäuden zur Verfügung wo sie ihre Fanmaterialien lagern können.

Beim Zusammensitzen im Stadionbeisl von Trencin berichteten einige Ultras über den Angriff von Neonazis aus der Fangruppe des MSK Puchov vor einiger Zeit. Das Video der Überwachungskamera, das ins Internet gelangte, zeigt die rohe Gewalt mit der die Neonazis vorgegangen sind.

Wir wunderten uns deshalb, ob dieser ständige Gegenwind, Fans des AS auch schon zum Rückzug aus dem aktiven Support gebracht hätte. „Bis jetzt noch nicht!“ antworteten einige Mitglieder der TG stolz, „für uns ist das eine Lebenseinstellung, die wir nicht einfach ablegen können. Wir denken auch, dass wir für die richtige Sache einstehen und schauen aufeinander.“ so die einstimmige Meinung der anwesenden Ultras. Mit der Freude und Sicherheit mit der sie über ihr Dasein erzählten, wirken sie fast so wie das gallische Dorf unter den slowakischen Fangruppen. Und das mitten in einer alten Römersiedlung, am Ende des Limes.

Dass das Engagement der Trenchtown Gangsters weit über Fußball hinaus geht, beweisen die diversen Projekte, welche die Ultras aktiv unterstützen. Eine eigene kleine Frauensektion im Block, die „Trechtown Rebel Girls“ soll Frauen zum Fußball bringen und gegen Sexismus im Stadion stehen. Die Einnahmen des UAFA-Cup kommen einem lokalen karitativen Projekt zu Gute. Letztes Jahr hat sich sogar die Lokalpresse für eines ihrer Projekte interessiert, so Darius. „Die Idee war es gemeinsam mit zwei Spielern und Verantwortlichen des Vereins in Trenciner Schulen zu gehen und über Rassismus in der Gesellschaft und im modernen Fußball zu reden.“ Kinder und Jugendliche sollen zum kritischen Umgang mit diesen Themen bewegt werden und erhalten auch regelmäßig Einladungen zu den Heimmatches des AS.

Gemütliches Beisammensein nach Art der Ultras

Fußball und der Support der lokalen Mannschaft besitzt vor allem für junge Männer eine starke Anziehungskraft. Die Trenchtown Gangsters und die Mitglieder der Plattform „Tribuny Su Nase“, die in Bratislava übrigens auch ein eigenes Fest, das „United Colors of Football“ organisieren, versuchen innerhalb ihrer Möglichkeiten eine Alternative zur sonst gewaltsuchenden, rechtsradikalen Fankultur in der Slowakei zu bieten und aufzuzeigen, dass Fußball nicht Ausgrenzung, sondern Zusammenhalt bedeutet. „Weitere Veranstaltungen sind geplant, wir bleiben aktiv!“ zwinkerte Marek, zündete sich eine Zigarette an und schmiss sich wieder in den Pogo der polnischen Streetpunk Band Analogs.

∗ Namen geändert

Text: Matthias Krammerstorfer & Klemens Lobnig

Photos: Matthias Krammerstorfer

Dieser Text ist in leicht abgewandelter Form auch im Ballesterer #134 erschienen.

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