Auf den Spuren Panenkas
Der Rücklick eines Wiener Sportclub Fans beim Besuch der Prager Bohemians im Jahr 2017…
Fußball in Prag hat Charme, vor allem abseits der Großclubs Sparta und Slavia. Diesen Genuss glaubte ich nach kurzen Recherchen vor meiner Tschechien Reise gefunden zu haben, nämlich bei den Prager Bohemians 1905. Schon beim Betreten des heimischen Dolicek Stadions war eine gewisse Stimmung zu spüren. Das Gefühl von einem bodenständigen Fußballclub mit hauptsächlich alternativen Fans die ihren Verein unabhängig vom sportlichen Erfolg bejubeln und unterstützen. Und das positive erste Gefühl sollte sich bewahrheiten: Zum günstigen Eintrittspreis kamen Bier für 1,5 Euro und eine heiße Wurst für weniger als 2 Euro bei einer Stimmung die fast so intensiv war wie beim Wiener Derby of Love. Als das Spiel Bohemians gegen Jihavla angepfiffen wurde, hatte ich von der Haupttribüne aus einen idealen Blick auf das Spielfeld und sah eine kampfbetonte, spielerisch zerfahrene erste Halbzeit, in der den Bohemians 1905 der viel umjubelte Führungstreffer gelang, der schließlich zum Sieg reichen sollte. Fahnen, Schals und der Rauch von grüner und weißer Pyrotechnik verwandelten sich zu einer harmonischen Melange, die nostalgisches, friedliches Stadionfeeling fernab vom Stress der Großstadien aufkommen ließ. Das Dolicek, dessen 5000 Plätze fast restlos mit Heimfans ausverkauft war, wirkte dabei jedoch wie ein Kessel und weniger wie ein vergleichsweise kleines Stadion mit eigentlich nur zwei Tribünen. Die zweite Hälfte konnte ich dank der nicht vorhandenen Barrieren im „richtigen“ Heimsektor miterleben, dort, wo die Stehplätze waren und die Fangesänge der Bohemians ihren Ursprung hatten. Und plötzlich fühlte ich mich wie zu Hause auf der Hernalser Friedhofstribüne, nur mit ein paar tausend Fans mehr, den Vereinsfarben von Rapid und einem Becherpfand, der höher war als die Bierpreise selbst.
Ein friedliches Gefühl von Freiheit und Zufriedenheit, das ist es, was man vom Dolicek Stadion zurückbekommt, wenn man sich für einen Besuch entscheidet. In der zweiten Halbzeit konzentrierte ich mich eher auf die vom Vorsänger angepeitschte Fanstimmung, die Stadionarchitektur und die sonstigen kleinen Eigenheiten bei einem fremden Stadionbesuch. Sportlich betrachtet, kann man im Nachhinein von einer qualitativ mittelmäßigen Partie, die an die heimische Bundesliga erinnerte, sprechen. Im Gespräch mit ein paar eingefleischten Bohemians manifestierte sich der Eindruck einer erfolgsunabhängigen, hauptsächlich liberalen Fanszene, deren Wappen ein Känguru ziert und deren Unterstützer sich aus Prager Arbeitern und Studierenden zusammensetzen. Und dass Antonin Panenka, der später (vielleicht aufgrund der Vereinsfarben?) bei Rapid Wien Erfolge feiern sollte und nach dem eine 11-Meter-Technik benannt ist, gibt dem Prager Sportclub zusätzlichen Charme…